Vom 12. bis 14. Januar 2023 richtete das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) erstmals den Fachkongress „Forschung für den Bevölkerungsschutz“ aus. Forscherinnen und Forscher aus verschiedenen Disziplinen von Soziologie, Kommunikationswissenschaften und Geografie bis hin zu Ingenieurswissenschaften und Informatik kamen zusammen, um sich über laufende und abgeschlossene Forschungsprojekte rund um das Thema Bevölkerungsschutz auszutauschen.

MIRKKOMM wurde vertreten durch die Technische Universität Ilmenau, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), die gemeinsam eine Session ausrichteten. Die Session stand unter dem Titel „Staatliche Risiko- und Krisenkommunikation: Erfolgsfaktoren, Warnsysteme und Nutzung sozialer Medien“ und präsentierte erste Ergebnisse aus den Teilvorhaben 2, 5 und 6.

Im ersten Vortrag der TU Ilmenau stellten Prof. Dr. Martin Löffelholz, Kathrin Schleicher und Johanna Radechovsky die Herausforderungen und Optimierungsoptionen staatlicher Risiko- und Krisenkommunikation vor, basierend auf rund 50 Leitfadengesprächen mit Vertreterinnen und Vertreter von Bundes- und Landesregierungen, der Kommunen und weiteren Organisationen der Gesundheitssicherung. Beispielsweise wünschen sich Akteure auf Bundesebene in künftigen Krisen eine stärker dialogorientierte und partizipative Kommunikation und eine klare Regelung von Zuständigkeiten. Auf Länderebene wurde unter anderem der Wunsch nach einer systematischen Evaluation der bisherigen Risiko- und Krisenkommunikation geäußert, während sich die Kommunen eine gemeinsame Kommunikationsstrategie des jeweiligen Bundeslandes und eine bessere Vorbereitung der Führungskräfte auf Risiko- und Krisenkommunikation erhoffen.

Anschließend gab Alena Biegert vom BfR Einblicke in eine Literaturstudie zur Interaktion von Warnenden mit der Nutzeroberfläche von Warnsystemen und darauf aufbauende Leitfadeninterviews mit Mitarbeitenden in Leitstellen und Lagezentren über den Einsatz des Modularen Warnsystems (MoWaS). Die Literaturstudie zeigt eine Forschungslücke im Bereich der Gebrauchstauglichkeit von Warnmeldesystemen auf. Während Usability von Kommunikationskanälen und Warnmeldungen auf der Seite der Endanwenderinnen und Endanwender, d.h. der Bevölkerung, häufig untersucht worden ist, bleibt die Perspektive der Warnenden und ihrer Interaktion mit dem technischen System wenig beleuchtet. Diesen blinden Fleck sollen Interviews und eine Usabilitystudie in Leitstellen im Rahmen des TV 6 beseitigen.

v.l.n.r. Johanne Mayer, Bettina Boy (KIT), Alena Biegert (BfR), Prof. Dr. Martin Löffelholz, Johanna Radechovsky, Kathrin Schleicher (TU Ilmenau), Michaela Weber (mecom GmbH), Prof. Dr. Hans-Jürgen Bucher (KIT)

Zum Abschluss präsentierten Prof. Dr. Hans-Jürgen Bucher, Bettina Boy und Johanne Mayer Befunde zur Corona-Krisenkommunikation über Social Media für den Zeitraum Januar 2020 bis März 2022. Eine Auswertung von rund 1200 Instagram-Posts und rund 600 YouTube-Videos von Bundes-, Landes- und kommunalen Behörden ergab, dass die Ausprägung der Krisenkommunikation zwar über die Phasen der Pandemie hinweg deutlich variierte, die Kommunikation auf den verschiedenen Behördenebenen aber einem Top-Down-Muster folgte, wohingegen der COVID-19-ExpertInnenrat der Bundesregierung in seiner fünften Stellungnahme partizipative Ansätze der Risiko- und Gesundheitskommunikation anmahnte. Komplementär zu dieser Angebotsanalyse referierten sie erste Befunde einer Rezeptionsstudie, die untersucht, wie Instagram-Postings und YouTube-Videos von Bürgerinnen und Bürger verstanden und im Hinblick auf ihre jeweilige Handlungsbereitschaft (z.B. Impfen) beurteilt werden.

Das Publikum zeigte großes Interesse an der Session, sodass nach den Vorträgen angeregt über verschiedene Aspekte der Krisenkommunikation diskutiert wurde. Von der mecom GmbH waren Michaela Weber und ihre Kollegin Inga Wilkens anwesend, die weiterführende Einblicke in das Modulare Warnsystem geben konnten. Neben den inhaltlich dicht gepackten Sessions, Keynotes und Podiumsdiskussionen konnte das Team von zahlreichen Gesprächen mit anderen Teilnehmenden aus der Wissenschaft und interessierten Praktikerinnen und Praktikern aus dem Bevölkerungsschutz profitieren – und dies alles in der Atmosphäre des alten Plenarsaalgebäudes des Bundestags in Bonn.

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